Dienstag, 29. Dezember 2009

Weihnachtsfest

Am zweiten Weihnachtstag wurde in der Bayasgalant Tagesstätte alles festlich dekoriert und die 50 Kinder samt Geschwister zu uns eingeladen. Die Freude über den Weihnachtsmann, die Geschenke und das gute Essen war gross - nicht nur bei den Kindern. Wie auf den Bildern ersichtlich hatten auch unsere Mitarbeiter sichtlichen Spass daran. Sie hatten das Fest und alle Überraschungen organisiert. Die Kinder ihrerseits hatten sich speziell für diesen Tag richtig herausgeputzt.





















































Mittwoch, 16. Dezember 2009

Zurück nach Hause – die Geschichte von Enhmaa

Anfang Dezember fuhr Alex zusammen mit Enhmaa, einem 16 jährigen Mädchen, in den Hentii Aimag, um sie zu ihrer Familie zu bringen. Das Mädchen lebte in Ulan Bator seit drei Jahren bei Tante und Onkel. Diese scherten sich allerdings wenig um das Wohlergehen des Teenagers. Als Enhmaa neulich einer dringenden Ohrenoperation unterzogen wurde, war Alex der Einzige Besuch den Enhmaa erhielt. Und auch um ihre Schulbildung haben sich die Verwandten nicht gekümmert. Ihnen war wichtiger, dass Enhmaa im Haushalt tatkräftig anpackte und tat was man von ihr verlangt. Es wurde höchste Zeit diese Zustände zu ändern. Daher organisierte Alex einen Besuch bei ihrer Mutter, welche seit einiger Zeit mit einem neuen Mann auf dem Land lebt.
Enhmaa und ihre ältere Schwester Anhmaa waren praktisch von Beginn weg (seit 2004) im Asral-and Kinderheim. Sie wohnten damals noch mit ihrer Mutter zusammen, diese brachte die Kinder aber ins Heim, weil ihr Stiefvater gewalttätig gegen die Mädchen war. Zwischenzeitlich fanden sie im Asral-and Kinderheim Zeit sich ein wenig als Kind zu fühlen. Da sie vorher nie eine Schule besucht hatten, wurden Enhmaa und Anhmaa im Heim unterrichtet, schafften aber den Anschluss an die öffentliche Schule nicht, da sie bald wieder aus dem Heim abgeholt wurden. Eine Tante war nun zuständig für die Mädchen. Wir verloren sie aus den Augen.

Als wir uns im Frühling dieses Jahres auf die Suche nach den ehemaligen Asral-and Kindern machten, stiessen wir auch wieder auf Enhmaa. Ihre ältere Schwester lebte mittlerweile mit der Mutter und einem neuen Stiefvater im Hentii Aimag. Das Mädchen machte einen relativ verwahrlosten Eindruck und hatte erhebliche Hörprobleme. Bayasgalant organisierte Arzttermine und daraufhin konnte im November die dringend empfohlene Operation durchgeführt werden. Alex wurde von den Ärzten auf den gesundheitlich eher bedenklichen Zustand des Mädchens aufmerksam gemacht. Enhmaa schien auch bei ihren Verwandten wieder unter Gewalt zu leiden.

Alex setzte danach alle Hebel in Bewegung um Enhmaa so schnell wie möglich aus dem Haus der Verwandten wegzubringen. Er machte ihre Mutter auf dem Land ausfindig, telefonierte mit der Familie und versuchte mehr über die Lebensumstände herauszufinden. Die Auskünfte stimmten zuversichtlich. Die Mutter und der neue Mann hüten Schafherden von Nomaden und verdienen so ein klein wenig Geld. Die ältere Schwester sorgt sich um den Haushalt. Sie und ihre Mutter vermissten Enhmaa sehr, sagten sie und auf einen Besuch würden sie sich sehr freuen. Alex hatte bereits im Kopf Enhmaa, so fern es die Umstände zuliessen, bei ihrer Mutter zu lassen. Damit das Kind aber nicht vom Regen in die Traufe gerät, wollte er sich zuerst selbst von den Umständen, und vor allem vom neuen Stiefvater, überzeugen. Mehr Gewalt durch einen neuen Mann sollte Enhmaa auf keinen Fall zugemutet werden. Zeitgleich nahm Alex auch mit einem Heim in Ulan Bator Kontakt auf, welches sich um missbrauchte Mädchen kümmert. Dieses Heim würde Enhmaa vorübergehend aufnehmen und betreuen, falls der Plan mit der Familie scheitern würde. Unter grossem Protest der Tante holte Alex Enhmaa dann an einem verschneiten Dezember morgen ab. Zusammen mit Übersetzerin und Fahrer machten sie sich auf den Weg nach Hinti Aimag. Das Mädchen freute sich sehr und war die ganze Fahrt über ganz still vor lauter Aufregung ihre Familie endlich wieder zu sehen.
Enhmaa wusste immer noch nicht, dass sie, falls alle positiven Zeichen bestätigt wurden, bei ihrer Mutter bleiben konnte. Die Enttäuschung wäre zu gross gewesen, die Überraschung danach dafür umso schöner.
In der Jurte der Familie wurde der Bayasgalant Trupp herzlich und freudig empfangen die Mutter und Enhmaa vielen sich um den Hals, Tränen der Freude und Rührung flossen auch bei der Schwester. Nun mussten Alex und die Übersetzerin nur noch herausfinden, ob dieses Happy End auch wirklich eines werden konnte. Daher sprach die Übersetzerin vor allem der älteren Schwester unter vier Augen. Sie sprach dabei den Stiefvater und sein Verhalten an. Die Schwester und auch die Mutter sagten, unabhängig voneinander, das Gleiche: Er sei ein guter Mensch und Gewalt gäbe es bei ihnen zu Hause nicht mehr. Darauf hin wurden alle gefragt, wie sie es fänden wenn Enhmaa da bleiben würde. Die Freude in den Augen der Frauen, so beschrieben unsere Mitarbeiter, war extrem gross. Vor allem Enhmaa konnte ihr Glück kaum fassen. Auf dem Land wurde danach gleich noch abgeklärt, wie es mit Enhmaa und ihrer Schwester weitergehen sollte. Im Frühling startet in der örtlichen Schule ein Kurs, welcher spezielle auf Teenager die nicht Lesen und Schreiben können ausgerichtet ist. Dieser werden die beiden Schwestern voraussichtlich besuchen. So wären sie später eine Unterstützung für die Familie, denn auch die Mutter und ihr neuer Mann sind Analphabeten.


Um der Familie längerfristig zu helfen kam Alex auf die Idee ihnen im Frühling junge Ziegen und Schafe zu kaufen. So könnten sie mit der Zeit ihre eigene Herde gründen und von diesen Tiere leben. So gehört zum Aufgabenbereich der Bayasgalant Mitarbeiter nun auch herauszufinden, wann und wo man am besten junge Ziegen und Schafe kauft.
Die Bayasgalant Kinder zu betreuen heisst also viel mehr, als man sich darunter vorstellen könnte…beim nächsten Besuch bei der Familie werden also ganz neue Herausforderungen anstehen.